Begünstigungsvorschriften für den Erwerb eines Kommanditanteils bei Erbschaftsteuer anwendbar

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass die Begünstigungsvorschriften der §§ 13a, 13b und 13c ErbStG a. F. für den Erwerb eines Kommanditanteils auch dann anwendbar sind, wenn dieser im Rahmen einer Erbauseinandersetzung erfolgt (Az. II R 12/21).

Entscheidend ist, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem Vermögenstransfer und der Erbauseinandersetzung besteht.

Im vorliegenden Fall war dieser gegeben, da der Kläger bereits zu 80 % an der Kommanditgesellschaft beteiligt war und weitere 10 % geerbt hatte. Zudem wurde die Steuervergünstigung für ein Wohngrundstück und ein Familienheim anerkannt, obwohl die Frist von sechs Monaten überschritten wurde.

Der BFH stellte klar, dass es keine zeitliche Begrenzung für den Begünstigungstransfer gibt, solange die Erbauseinandersetzung auf einem konsistenten Willen basiert und kein anderer Beschluss vorliegt.

Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Praxis, da sie zeigt, dass die Finanzverwaltung ihre Richtlinien anpassen muss. Bei entgegenstehenden Steuerbescheiden ist ein Einspruch oder eine Sprungklage zu empfehlen.

Hinweis: Es bleibt jetzt abzuwarten, wann die Finanzverwaltung die Änderung der ErbStH nach diesem Urteil vornimmt. Bei dagegen verstoßenden Steuerbescheiden ist ein Einspruch oder eine Sprungklage dringend zu empfehlen.

Finanzamt kann Berichtigung des Vorsteuerabzugs aus Anzahlung bei nicht ausgeführter Lieferung verlangen

Der Besteller, der vor Ausführung der Lieferung eine Anzahlung geleistet hat, hat den Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn die bestellte Lieferung nicht ausgeführt wird. So entschied das Sächsische Finanzgericht (Az. 8 K 1202/22).

Der Höhe nach hat die Berichtigung so zu erfolgen, dass der Betrag des endgültig vorgenommenen Vorsteuerabzugs demjenigen entspricht, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt gewesen wäre, wenn die Änderung ursprünglich berücksichtigt worden wäre.

Es wurde die Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt (Az. XI R 31/23). Dieser muss nun klären, ob die Zahlung aus einer Anzahlungsbürgschaft als Rückzahlung der Anzahlung i. S. d. § 17 Abs. 2 Satz 2 UStG anzusehen ist, und ob die Berichtigung der Vorsteuer des Unternehmers erst dann verlangt werden kann, wenn auch die Umsatzsteuer an ihn zurückgezahlt worden ist.

Art und Weise der Aufzeichnungen zur Gewinnermittlung ist eine Tatsache – Korrektur bestandskräftiger Steuerbescheide nach Außenprüfung zulässig

Die Art und Weise, in der ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt, seine Aufzeichnungen geführt hat, ist eine Tatsache (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO), die – wird sie dem Finanzamt nachträglich bekannt – zur Korrektur eines bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids führen kann. So entschied der Bundesfinanzhof (Az. III R 14/22).

In den Jahren 2013 und 2014 ermittelte der Kläger, ein Einzelunternehmer, seinen Gewinn im Wege der Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG). Das Finanzamt veranlagte ihn zunächst erklärungsgemäß und ohne Vorbehalt der Nachprüfung. Eine spätere Außenprüfung beanstandete die Aufzeichnungen des Klägers als formell mangelhaft und führte zu einer Hinzuschätzung. Das Finanzamt änderte daraufhin die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide der Streitjahre 2013 und 2014. Dies sei auch verfahrensrechtlich zulässig, da im Rahmen der Außenprüfung nachträglich steuererhöhende Tatsachen bekannt geworden seien (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO).

Dem folgte der Bundesfinanzhof im Grundsatz. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO lasse eine Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide nicht nur dann zu, wenn sicher feststeht, dass der Steuerpflichtige Betriebseinnahmen nicht aufgezeichnet hat. Auch die Art und Weise, in der der Steuerpflichtige seine Aufzeichnungen geführt hat, ist eine Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO.

Dies gilt für Aufzeichnungen über den Wareneingang (§ 143 AO) ebenso wie für sonstige Aufzeichnungen oder die übrige Belegsammlung eines Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt, auch wenn die Einnahmenüberschussrechnung § 4 Abs. 3 EStG keine Verpflichtung zur förmlichen Aufzeichnung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben vorsieht.

Hinweis: Darüber, ob im Streitfall eine Änderung der bestandskräftigen Steuerbescheide gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zulässig war, konnte der Bundesfinanzhof allerdings – mangels hinreichender Feststellungen des Finanzgerichts zur Rechtserheblichkeit – nicht abschließend entscheiden. Die Tatsache, ob und wie der Steuerpflichtige seine Bareinnahmen aufgezeichnet hat, ist rechtserheblich, wenn das Finanzamt bei deren vollständiger Kenntnis bereits im Zeitpunkt der Veranlagung zur Schätzung befugt gewesen wäre und deswegen eine höhere Steuer festgesetzt hätte. Da eine Schätzungsbefugnis des Finanzamts in bestimmten Fällen auch bei (lediglich) formellen Mängeln der Aufzeichnungen über Bareinnahmen besteht, muss das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang prüfen, ob die Unterlagen des Klägers Mängel aufwiesen, die zur Hinzuschätzung von Betriebseinnahmen führen

Vergabe der Wirtschafts-Identifikationsnummer ab November 2024

Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) hat darüber informiert, dass die Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.) stufenweise ohne Antragstellung ab November 2024 zugeteilt werden soll. Sie wird entweder im Wege der Öffentlichen Mitteilung oder über das ELSTER-Benutzerkonto vergeben.

Die W-IdNr. gilt auch als bundeseinheitliche Wirtschaftsnummer nach dem Unternehmensbasisdatenregistergesetz. Umfangreiche Informationen sowie FAQs finden Sie auf der Homepage des BZSt (https://www.bzst.de/DE/Unternehmen/Identifikationsnummern/Wirtschafts-Identifikationsnummer/FAQ/faq_widnr.html).

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 21.08.2024 den Regierungsentwurf einer Verordnung zur Vergabe steuerlicher Wirtschafts-Identifikationsnummern (Wirtschafts-Identifikationsnummer-Verordnung – WIdV) auf seiner Internetseite (https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/20_Legislaturperiode/2024-06-28-WIdV/2-Regierungsentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=2) veröffentlicht. Es handelt sich um eine zustimmungspflichtige Rechtsverordnung, weswegen der Bundesrat noch beteiligt werden muss. Frühestmöglicher Zeitpunkt wäre hierfür die Sitzung des Bundesrats am 27.11.2024.

Förderprogramm „Jung kauft Alt“ für den Kauf von Bestandsimmobilien gestartet

Am 03.09.2024 startete das neue Förderprogramm „Jung kauft Alt“, das Familien mit minderjährigen Kindern und kleineren bis mittleren Einkommen beim Wohneigentumserwerb von sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden unterstützt. Die Förderung erfolgt mittels zinsverbilligter KfW-Kredite. Für die Zinsverbilligungen der KfW stehen für 2024 insgesamt 350 Millionen Euro bereit. Zum Start liegt der Zinssatz bei 35 Jahren Kreditlaufzeit und einer zehnjährigen Zinsbindung bei 1,51 Prozent effektiv (Stand: 03.09.2024). Voraussetzung zur Inanspruchnahme der Förderung ist unter anderem der Erwerb einer Bestandsimmobilie mit einem Gebäudeenergieausweis der Klassen F, G oder H. In Deutschland trifft dies auf rund 45 Prozent aller Wohngebäude zu. Weitere Informationen finden Sie auf der Website der KfW (http://www.kfw.de/308).

Neue Heizungsförderung: Antragstellung für alle möglich

Die Antragstellung für die neue Heizungsförderung startete am 27.08.2024 wie geplant auch für die dritte und letzte noch offene Antragstellergruppe. Damit können jetzt auch Unternehmen, Eigentümerinnen und Eigentümer vermieteter Einfamilienhäuser sowie Wohneigentümergemeinschaften (WEG) bei Maßnahmen am Sondereigentum die Heizungsförderung bei der KfW beantragen. Beim Einbau einer klimafreundlichen Heizungsanlage oder beim Anschluss an ein Wärme- oder Gebäudenetz sind Investitionszuschüsse von der KfW erhältlich, für Wohn- wie auch Nichtwohngebäude.

Die dritte Antragstellergruppe kann die Grundförderung von 30 Prozent der förderfähigen Investitionskosten nutzen, plus fünf Prozent Effizienz-Bonus für besonders effiziente Wärmepumpen (also insgesamt bis zu 35 Prozent Förderung) oder einen Emissionsminderungszuschlag von pauschal 2.500 Euro für besonders effiziente Biomasse-Heizungen.

Weitergehende Informationen zur Heizungs- und energetischen Sanierungsförderung sind auf www.energiewechsel.de/beg sowie – zur Antragstellung für die neue Heizungsförderung – auf www.kfw.de zu finden.

E-Rechnung: E-Mail-Postfach reicht aus

Für den Empfang einer E-Rechnung reicht künftig die Bereitstellung eines E-Mail-Postfachs aus. Das erklärte die Bundesregierung in ihrer Antwort (BT-Drs. 20/12742) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion. Allerdings können die beteiligten Unternehmen auch andere elektronische Übermittlungwege vereinbaren.

Wachstumsinitiative: Signal für klimafreundliche Mobilität

Mit der Wachstumsinitiative hat sich die Bundesregierung vorgenommen, die Autoindustrie und ihre Beschäftigten beim Modernisierungsprojekt E-Mobilität zu unterstützen. Die steuerliche Förderung von dienstlich genutzten E-Autos soll dabei helfen, die Nachfrage nach emissionsfreien Fahrzeugen weiter zu erhöhen. Zudem soll der Standort gezielt vorangebracht werden.

Für neu zugelassene, rein elektrische und emissionsfreie Fahrzeuge sollen Unternehmen die Investitionskosten schneller steuerlich geltend machen können. Dazu wird eine neue Sonderabschreibung eingeführt. Über einen Zeitraum von sechs Jahren können die Anschaffungen – beginnend mit einem Satz von 40 Prozent – von der Steuer abgeschrieben werden. Die Regelung gilt befristet für Anschaffungen im Zeitraum von Juli 2024 bis Dezember 2028.

Zusätzlich soll die Dienstwagenbesteuerung für Elektro-Fahrzeuge erweitert werden. Arbeitnehmer, die einen Elektro-Firmenwagen auch privat nutzen, sollen diesen Vorteil vergünstigt versteuern können. Dies gilt bislang nur, wenn das Auto nach dem sog. Bruttolistenpreis höchstens 70.000 Euro kostet. Dieser Betrag wird nun auf 95.000 Euro angehoben. Die neue Höchstgrenze gilt für Firmenwagen, die ab Juli 2024 angeschafft werden bzw. wurden.

Die Bundesregierung hat beschlossen, die vereinbarten steuerlichen Regelungen innerhalb des parlamentarischen Verfahrens in das Steuerfortentwicklungsgesetz aufzunehmen. Mit einer Stellungnahme des Bundesrats als nächstem Verfahrensschritt ist vss. am 27.09.2024 zu rechnen.

Grundfreibetrag 2024 soll um 180 Euro steigen

Der Grundfreibetrag in der Einkommensteuer soll für das Jahr 2024 um 180 Euro auf 11.784 Euro steigen. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor (BT-Drs. 20/12783). Der steuerliche Kinderfreibetrag soll um 228 Euro auf 6.612 Euro steigen.

Die Bundesregierung begründet die Notwendigkeit der Erhöhung damit, dass zum 1. Januar 2024 die Leistungen im Sozialrecht stärker gestiegen sind als noch 2022 im Existenzminimumbericht prognostiziert. Der Regierungsentwurf wird zurzeit im Bundestag diskutiert und wird demnächst entschieden.

Begriff „Betriebsstätte“ im aktuellen steuerlichen Reisekostenrecht

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschied, dass sich mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.02.2013 nur der Begriff der „Arbeitsstätte“ und nicht auch der Begriff der „Betriebsstätte“ geändert hat (Az. 1 K 1219/21).

Im Streitfall erzielte der Kläger als IT-Berater Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Seine Tätigkeit übte er an vier Tagen pro Woche am Sitz seines einzigen Kunden aus. In seinen Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 2016 bis 2018 machte er Aufwendungen für die Fahrten von seiner Wohnung zum Kunden und zurück als Betriebsausgaben geltend, und zwar nach Dienstreisegrundsätzen (0,30 Euro/km für Hin- und Rückfahrt) und nicht mit der Entfernungspauschale (0,30 Euro/km für die Entfernung zwischen Wohnung und Betrieb des Kunden). Das Finanzamt hingegen folgte der Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen und vertrat die Ansicht, dass dem Begriff der „ersten Tätigkeitsstätte“ in § 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG), der durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.02.2013 eingeführt wurde, auch Bedeutung für die Auslegung des Begriffs der „Betriebsstätte“ zukomme. Daher habe der Kläger bei seinem Kunden seine „erste Tätigkeitsstätte“, sodass nur die Entfernungspauschale von 0,30 Euro anzusetzen sei.

Die dagegen gerichtete Klage des Klägers hatte vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz keinen Erfolg. Zwar sind die gesetzlichen Anforderungen an eine „erste Tätigkeitsstätte“ i. S. d. § 9 EStG (neue Fassung) im Streitfall aus mehreren Gründen nicht erfüllt. Allerdings ist die „Betriebsstätte“ nicht unter Rückgriff auf den durch die Neuregelung eingeführten Begriff der „ersten Tätigkeitsstätte“ zu bestimmen, sondern weiterhin auf der Grundlage der bisherigen Auslegung des Betriebsstättenbegriffs durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Demnach ist im Streitfall der Sitz des Kunden des Klägers als seine Betriebsstätte anzusehen, sodass er seine Fahrtkosten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nur in Höhe der Entfernungspauschale als Betriebsausgaben geltend machen kann. Nach Auffassung des Finanzgerichts stellt die Wohnung des Klägers bzw. sein häusliches Arbeitszimmer keine Betriebsstätte dar.

Hinweis
Weil noch keine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu der hier streitigen Frage vorlag, hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Zudem ist das Finanzgericht von der Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen im Schreiben vom 23.12.2014 abgewichen, wonach die Bestimmung des Begriffs der „Betriebsstätte“ unter Rückgriff auf § 9 Einkommensteuergesetz erfolgen soll. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da der Kläger inzwischen Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt hat (BFH-Az.: VIII R 15/24).